Liebe Leserin, lieber Leser,
manche Geschichten beginnen mit: Es war einmal… Einige von ihnen führen in einen Zauberwald. Manche handelnden Personen bleiben drin, andere kommen auch zurück von dort, oft in anderer Verfassung.
So erging es auch neun Oberräder Wanderruderern, die unter der Leitung von Wolfgang Friedrich das Vereinsmobil nebst Trailer mit Skyline und Flottem Dreier bestiegen, um über Fronleichnam 2012 im fernen Spreewald ihr Glück zu finden. Dabei gab es manches Abenteuer zu bestehen. Wir wollen hier nicht mit den notwendigen 10 Metern Parklücke beginnen, die für o.a. Angebinde erforderlich sind, bis wir die Boote in die Spree gelassen und den Hänger nahe einem Fußballplatz abgestellt hatten.
Aber schon auf der ersten Tagesetappe verengten sich die Gewässer und Unbill zog am Horizont herauf: der gemeine Spreewälder Stakekahn, gerne im Rudel, bemannt mit arglosen Tagestouristen und bewegt von platzhirschigen Kapitänen, zeigte sich nicht allzu wohl gesonnen gegenüber unseren Oberrädern, die zu allerhand Tricks greifen mußten (das Backbordskull komplett einziehen, nur steuerbord rudern oder auch umgekehrt), um durch das Dschungeldelta der Spree zu gelangen, die sich hinter Lübbenau, der Heimat des Stakekahns und Vorhölle des Rudersports, öffnete und fortan ungehinderte Fortbewegung gestattete. Nachdem dieses touristische Herzstück einmal passiert war, wurde die Durchhaltekraft belohnt mit dem Anblick einer weiten, oft auch verwunschenen Landschaft mit türkisfarbenen Libellen, nachtblauen Schmetterlingen, Fischreihern, Kormoranen, zahlreichen Arten von Enten, von Schwänen und dem endlos langen Ruf des Kuckucks. Schilf, Seerosen und Sumpfdotterblumen waren auf dem Wasser zu sehen, abgestorbene Bäume ragten malerisch in den Fluss, und kilometerlang war nur wenig Gegenverkehr in Form von Kanuten oder Motorschifffahrt unterwegs. Das Bodenpersonal, das in halbtäglichem Wechsel die rudernden Achte versorgte, konnte sich zwischenzeitlich etwa an Schinkels Kirchen oder in kleinen Cafés an selbstgebackenen Kuchen erfreuen. Manche von uns auf dieser Reise entwickelten eigentümliches Spezialwissen, so etwa Jens, der seither als Experte für die Früherkennung von Altarmen unterwegs ist.
Im Gegensatz zum Wetter in Frankfurt war die Hitze erheblich und zwang zum regelmäßigen Nachfüllen von Zaubertrank (vulgo Bier genannt), mit Hilfe dessen auch die nächsten Hindernisse unerschrocken passiert werden konnten: zahlreiche Schleusen, manuell oder automatisch, galt es zu überwinden, jede Passage wurde traditionsgemäß und diszipliniert mit einer Extraflasche Zaubertrunk geehrt und nicht ein einziges Mal sind die tapferen Oberräder Ruderer, immerhin ein Spontanverband aus erfahrenen Rehas und lernfreudigen Hobbies, gekentert.
Im Verlaufe der 107 ?? km langen Tour entstand auch ein frohes Lied auf den Lippen unserer Gurkentruppe: der Spreewalzer, zu singen nach der bekannten Melodie des — ?? Na? Richtig, des Schneewalzers. Gestärkt von abendlichen Gurken-, Quark- und Leinölspezialitäten passierten wir unter widrigen Windverhältnissen den Schwielocher und welchen noch ?? See, um kurz vor Fürstenwalde unsere viertägige Reise zu beschliessen, in einer merklich Berlin-näheren Umgebung: sonnengebräunt, mit reichlich erschöpften Gesäßmuskeln, glücklich über wunderbare Rudermomente und das Erleben einer nicht übermäßig entfernten und einzigartigen Landschaft (die man übrigens auch hervorragend mit dem Fahrrad erkunden kann).
Danke an Wolfgang für die wirklich perfekte Organisation, an Philipp und Dich, Wolfgang, als Fahrer des Vereinsbusses! Ich für meinen Teil bin begeistert zurückgekommen, und finde: Diese Übung ist gelungen!
Verfasst von Claudia Scholtz